Das Ende einer Ära

(jk) Man würde es ihnen ohnehin nicht glauben, wenn sie beim TuS 05 Oberpleis behaupteten, dass es irgendjemanden kalt gelassen hätte, als diese Nachricht vor etwas mehr als drei Wochen im Umfeld der BASALT-Arena die Runde machte. Daher versuchte man es im rot-weißen Lager auch gar nicht erst, die Verwunderung über diesen Paukenschlag herunterzuspielen. Denn damit, dass die sportliche Verantwortung beim TuS 05 zur kommenden Saison nicht mehr in den Händen des Trainerduos Wolfgang Görgens und Marcus Zepp liegen wird, hatte wohl kaum jemand gerechnet.

Auch wenn sich die Pleeser Gefühlswelt inzwischen wieder beruhigt hat und der Blick längst wieder nach vorne gerichtet wurde – die personellen und strukturellen Planungen für die neue Saison laufen auf Hochtouren und sportlich lief es seit der Bekanntgabe mit drei Siegen ebenfalls überaus erfolgreich –, so weiß man bei den Siebengebirgslern nur allzu gut, dass der Abschied ihres langjährigen Trainergespanns einer einschneidenden Zäsur gleichkommt. Es wird vermutlich einige Zeit dauern, bis sich das Pleeser Publikum daran gewöhnt haben wird, dass an der Seitenauslinie nicht mehr Görgens und Zepp stehen und ihr Team coachen – immer einige Meter rechts versetzt neben der Auswechselbank.

Denn: Im Unterschied zu vielen anderen Vereinen ist ein Trainerwechsel in Oberpleis, wo sie traditionell auf Kontinuität, Verlässlichkeit und Ruhe setzen, beinahe wie ein seltenes Naturphänomen. Wer auch immer ab dem kommenden Sommer die fußballerische Leitung übernehmen wird (der neue Trainer soll in Kürze vorgestellt werden), er wird tatsächlich erst der dritte (!) Trainer sein, der im 21. Jahrhundert bei den Rot-Weißen anheuern wird. Es bedarf im Grunde keines besseren Beweises, dass diese gleichermaßen seltene wie wohltuende Beständigkeit vor dem Hintergrund einer (auch im Amateurbereich) oftmals allzu schnelllebigen Fußballwelt längst zum Oberpleiser Markenkern gehört.

In drei Wochen also, wenn Görgens und Zepp ihr Team im Gastspiel beim SV Eintracht Hohkeppel zum letzten Mal auf Feld schicken werden, endet beim TuS 05 Oberpleis nicht nur eine Amtszeit, sondern vielmehr eine Ära. Im Januar 2012 hatten die beiden den damaligen Mittelrheinligisten übernommen und das Team seitdem in rund 300 Pflichtspielen und unzähligen Trainingseinheiten betreut. Ein Blick auf die Ewige Tabelle der Landesliga reicht im Prinzip aus, um die Bedeutung des Duos für die jüngere Oberpleiser Vereinsgeschichte zu verdeutlichen: Mit klarem Abstand führt der TuS 05 diese Rangliste an, wobei der Anteil von Görgens und Zepp an dieser mehr als gelungenen Entwicklung zweifelsohne maßgebend ist.

Den Beiden ist es nicht nur zu verdanken, dass sich der TuS 05 nach einer durchaus kritischen Phase in Folge des damals unvermeidlichen Abstiegs aus der Mittelrheinliga letztlich in der Landesliga etablieren konnte; sie hinterlassen darüber hinaus ein Mannschaftsgebilde, das kreis- und verbandsweit beachtliche Strahlkraft entwickeln konnte. Angesichts der bescheidenen Möglichkeiten des Vereins macht man in Oberpleis seit Jahrzehnten aus der Notwendigkeit eine Tugend und vertraut auf die Förderung und Weiterentwicklung von jungen und talentierten Spielern, die auf einem anspruchsvollen Niveau im Seniorenbereich Fuß fassen wollen. Nach mehr als einer Dekade der überaus erfolgreichen und stilprägenden Zusammenarbeit verlassen den TuS 05 in persona von Görgens und Zepp nun zwei Aushängeschilder dieser Vereinsphilosophie.

Dass sich alle Beteiligten mit der Realisierung der letztlich gemeinschaftlich getragenen Entscheidung sehr schweren taten, bedarf im Grunde keiner weiteren Kommentierung. Niemanden überrascht es, dass der mutige Schritt zu dieser Trennung mit Blick auf die lange Verweildauer im Verein einerseits – vor allem Zepp kann getrost als Pleeser Urgestein bezeichnet werden –, und auf eine mehr als beachtliche sportliche Bilanz andererseits sehr sorgfältig abgewogen werden musste und allen Beteiligten viel Kopfzerbrechen abverlangte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Wertschätzung, die den Trainern von Seiten des Teams und des Vereins für ihre fußballerische Expertise und für ihre unaufgeregte und authentische Art der Mannschaftsführung entgegengebracht wird, ungebrochen groß ist.

Doch bei aller Zufriedenheit über das Vergangene und bei aller Dankbarkeit, die man dem scheidenden Trainerduo schuldet, so sah man in Oberpleis trotzdem nun den Moment gekommen, um mit Blick auf die sportliche Zukunft des Vereins die personellen Weichen neu zu justieren. Der anstehende Trainerwechsel, hier zeigt man sich im Siebengebirge zuversichtlich, birgt vor allem das Potential, den einzelnen Spielern neue Impulse geben und innerhalb der Mannschaft neue Reizpunkte setzten zu können. Es gibt nicht wenige Akteure in den Reihen des TuS 05, die sich in den vergangenen Jahren unter Görgens und Zepp zweifelsfrei hervorragend entwickelt haben, die aber noch nie die persönliche Erfahrung mit einem anderen Übungsleiter oder auch mit anderen Trainingsmethoden machen durften. Daher reifte zuletzt die Überzeugung, dass einzelne Spieler – und damit das Team in seiner Gesamtheit – allein durch einen solchen Perspektivwechsel profitieren werden, und dass die Änderung in der sportlichen Leitung letztlich noch einmal zu einem Leistungsschub führen kann.

Wie man nun auch in Oberpleis mit einer Mischung aus Optimismus und Wehmut feststellt, sind das Ergreifen der Chancen, die sich aus neuen Ideen und Herangehensweisen einerseits ergeben könnten, und der Abschied von altbekannten Personen, Gewohnheiten und Strukturen andererseits nun einmal zwei Seiten derselben Medaille. Das eine zu bekommen und etwas Neues zu wagen, ist manchmal leider nicht möglich, ohne auf das Vertraute zu verzichten. Eine Entscheidung also, die Überwindung gekostet hat, und eine Erkenntnis, von der beim TuS 05 Oberpleis niemand behaupten würde, dass sie leicht gefallen sei. Man würde es ihnen ohnehin nicht glauben.

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By NilsM / Editor on Mai 30, 2022


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