Tag 4: 110 km – 300 Hm (Gent-Kortrijk, B)

 

Die vierte Etappe der diesjährigen TuS-Rennradtour führte von Gent in Ostflandern nach Kortrijk in Westflandern, das nur knappe 10 Kilometer von der französischen Grenze entfernt liegt, weshalb man dort quasi die Moules-Frites schon riechen und das Prickeln des Champagners schon spüren kann. Doch trotz dieser Verlockungen wurde nicht der direkte Weg eingeschlagen; stattdessen verabschiedete sich die Pleeser Radsportgruppe von Gent nach einem üppigen Frühstück in nordwestlicher Richtung und visierte erst einmal das UNESCO-Weltkulturerbe Brügge an.

Orientierung bot dabei der „Kanaal“ Gent-Brügge, dem man eigentlich nur zu folgen brauchte, wobei das nunmehr bereits tagelange gemeinsame Fahren seine Früchte trug. Denn: Körper und Räder bildeten längst eine Symbiose, die Pedale kreisten harmonisch, gleichmäßig und effizient, und durch geschicktes Schalten und aerodynamische Sitzhaltungen konnte die Leistung sogar noch optimiert werden. Was die Zweirad-Artisten aus dem Siebengebirge an diesem Tag präsentierten, war von einer kraftvollen und stilprägenden Ästhetik, die nicht nur in der belgischen Provinz ihresgleichen sucht, ganz ohne Frage.

Dass es auf dem Weg nach Brügge viel Ruhe zu genießen, viel Natur zu sehen und nur wenig Zivilisation zu ertragen gab – die Ortschaften Aalter Brug, Sint Joris und Beernem gehörten schon zu den belebteren Ortschaften –, wusste man umso mehr zu schätzen, als man nach rund 45 Kilometern das historische Stadtzentrum von Brügge erreicht hatte. Brügge, das im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit eine der wichtigsten Handelsmetropolen Europas gewesen war, wurde in den letzten Jahren – leider – mehr und mehr zum Opfer seiner Schönheit und gehört inzwischen zu den überfülltesten Orten Europas. Die Stadt (120.000 Einwohner) ächzt unter dem Massentourismus, denn jährlich wollen rund acht Millionen Gäste die alten Backsteinhäuser, die mittelalterlichen Pflasterstraßen, den imposanten Marktplatz und die zahlreichen Grachten sehen.

An dieser Invasion beteiligten sich nun also auch noch vier wackere Cyclisten aus Oberpleis, wobei zur Ehrenrettung gesagt werden kann, dass der Besuch ja auf die denkbar umweltfreundlichste Weise abgestattet wurde. Während man demütig einen Kaffee trank oder brav eine Limonade schlürfte, die so sauer war, dass sich einem die Zehennägel aufrollten, beobachtete man stillschweigend die Heerscharen mit Reiseführern vor der Nase. Man war sich einig, dass man aus diesem Meer von beigen Fischerhüten, kecken Sandalen und praktischen Deuter-Rucksäcken möglichst rasch wieder entkommen musste.

Nach der kurzen Pause wurde darauf verzichtet, noch bis zum Meer weiter zu fahren, auch wenn dieses nicht mehr allzu weit entfernt war; Badehosen gehörten ohnehin nicht zum Reisegepäck. Stattdessen ging es beinahe in einem 45°-Winkel Richtung Süden. Entlang der Nationalstraße (N32) gelangte man über Torhout (Belgische Waffeln) und Roeselare an den „Kanaal“ Roeselare-Leie, der den letzten Streckenabschnitt des Tages einläuten sollte. Der parallel verlaufende „Jaagpad“ führte durch eine eher industriell geprägte, aber nicht unansehnliche Gegend, was nichts daran änderte, dass der Asphalt zwischen Rumbeke, Izegem und Ingelmunster nur so glühte. Sicher wäre ein neuer Stundenrekord aufgestellt worden, hätten ein Platten und der anschließende Reifenwechsel der rasanten Fahrt nicht ein jähes Ende gesetzt.

Das Abendprogramm in Kortrijk, einer netten und unprätentiösen Kleinstadt, konnte trotz der unwesentlichen Verspätung durchgezogen werden. Bei „Mister Spaghetti“ gab es… richtig: Spaghetti, sodass alle RadlerInnen ihren Kohlenhydratspeicher wieder auffüllen konnten. Die erhebliche Anzahl von Bieren, die man in verschiedenen Bars und Kneipen am Grote Markt und anderswo anschließend zusätzlich konsumierte, erfüllten den gleichen Zweck und waren im Vorfeld natürlich mit dem sport- und ernährungswissenschaftlichen Betreuerteam abgesprochen und von diesem genehmigt worden.

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By KaiS / Subscriber, editor on Juli 06, 2025


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